Neurorobotik

Die Neurorobotik ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das Neurowissenschaften, Robotik und Künstliche Intelligenz miteinander verbindet. Ziel ist es, Roboter zu entwickeln, die von den Funktionsweisen des menschlichen Gehirns inspiriert sind und somit flexibles, lernfähiges Verhalten zeigen.

Grundlagen der Neurorobotik

In der Neurorobotik werden Erkenntnisse über neuronale Prozesse genutzt, um künstliche neuronale Netzwerke zu gestalten, die Roboter steuern. Diese Netzwerke ermöglichen es den Maschinen, auf Umweltreize zu reagieren und sich an veränderte Bedingungen anzupassen. Ein neurorobotisches System besteht typischerweise aus:

  • Sensoren: Erfassen Informationen aus der Umgebung.
  • Verarbeitungseinheiten: Analysieren die sensorischen Daten mittels neuronaler Netzwerke.
  • Aktuatoren: Führen die berechneten Aktionen aus.

Durch diese Struktur können Roboter ähnlich wie Lebewesen auf ihre Umwelt reagieren.

Anwendungsbereiche

Die Neurorobotik findet Anwendung in verschiedenen Bereichen:

  • Autonome Fahrzeuge: Nutzen neurorobotische Systeme zur Navigation und Hinderniserkennung.
  • Prothetik: Entwicklung von Prothesen, die durch neuronale Signale des Nutzers gesteuert werden.
  • Industrielle Automatisierung: Einsatz von Robotern, die sich flexibel an unterschiedliche Aufgaben anpassen können.

Diese Anwendungen zeigen das Potenzial der Neurorobotik, sowohl technologische Innovationen voranzutreiben als auch das Verständnis des menschlichen Gehirns zu vertiefen.

Forschung und Ausbildung

In Deutschland bieten einige Hochschulen spezialisierte Studiengänge in Neurorobotik an. Ein Beispiel ist der Masterstudiengang Neurorobotik an der Technischen Universität Chemnitz, der neueste Methoden der Künstlichen Intelligenz und Robotik vermittelt. Studierende lernen dort unter anderem Deep Reinforcement Learning und die Anwendung neuronaler Modelle auf robotische Systeme kennen.

Forschungseinrichtungen wie das Neurorobotik-Forschungslabor der Berliner Hochschule für Technik entwickeln Morphologien und verteilte neuronale Regelungen für autonome Roboter. Der humanoide Roboter “Myon” ist ein Beispiel für ihre Arbeit und zeichnet sich durch seine modularen und autonomen Körperteile aus.

Herausforderungen und Ausblick

Trotz der Fortschritte steht die Neurorobotik vor mehreren Herausforderungen:

  • Komplexität des Gehirns: Das menschliche Gehirn vollständig zu modellieren, bleibt eine immense Aufgabe.
  • Ethische Fragen: Die Entwicklung von Maschinen mit menschenähnlichen Fähigkeiten wirft ethische und gesellschaftliche Fragen auf.
  • Technologische Grenzen: Die Integration von neuronalen Modellen in Echtzeit-Robotersysteme erfordert erhebliche Rechenressourcen.

Dennoch bietet die Neurorobotik vielversprechende Perspektiven für die Zukunft der Robotik und das Verständnis neuronaler Prozesse.

Nao (SoftBank Robotics)

Der NAO ist ein humanoider Roboter, der von der französischen Firma Aldebaran Robotics entwickelt wurde, die später von SoftBank Robotics übernommen wurde. Seit seiner Einführung hat NAO weltweit Anerkennung in Bildung, Forschung und anderen Anwendungsbereichen gefunden.

Entwicklungsgeschichte

Die Entwicklung von NAO begann 2004 mit dem Ziel, einen autonomen, programmierbaren Roboter zu schaffen, der sowohl in der Forschung als auch in der Bildung eingesetzt werden kann. Im Jahr 2007 ersetzte NAO den Roboterhund Aibo von Sony als Standardplattform in der RoboCup Standard Platform League, einem internationalen Roboterfußballwettbewerb. Seitdem wurden mehrere Versionen von NAO veröffentlicht, darunter NAO Next Gen (2011), NAO Evolution (2014) und NAO6 (2018).

Technische Spezifikationen

NAO ist 58 cm groß und verfügt über 25 Freiheitsgrade, die ihm eine hohe Beweglichkeit ermöglichen. Zu seinen Hauptmerkmalen gehören:

  • Sensorik:
    • Zwei HD-Kameras zur Gesichts- und Objekterkennung
    • Vier Richtmikrofone für die Geräuschlokalisierung
    • Berührungssensoren am Kopf, an den Händen und Füßen
    • Ultraschallsensoren zur Hinderniserkennung
  • Konnektivität:
    • Wi-Fi und Ethernet für die Netzwerkkommunikation
    • Bluetooth zur Verbindung mit externen Geräten
  • Software:
    • NAOqi als Betriebssystem
    • Programmierbar in Sprachen wie Python, C++ und Java
    • Choregraphe, eine grafische Programmierumgebung zur einfachen Erstellung von Verhaltensweisen

Anwendungsbereiche

NAO findet in verschiedenen Bereichen Anwendung:

  • Bildung: Als Lehrassistent unterstützt NAO Lehrer dabei, den Unterricht interaktiver zu gestalten und Schüler für MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu begeistern.
  • Forschung: Weltweit nutzen über 200 akademische Einrichtungen NAO für Studien in den Bereichen Mensch-Roboter-Interaktion, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz.
  • Gesundheitswesen: NAO wird in der Therapie von Kindern mit Autismus eingesetzt, um soziale Fähigkeiten zu fördern und als motivierender Partner zu dienen.
  • Unterhaltung und Kundenservice: Unternehmen setzen NAO ein, um Besucher zu begrüßen, Informationen bereitzustellen und interaktive Erlebnisse zu schaffen.

Zukunftsperspektiven

Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Robotik und künstlichen Intelligenz bleibt NAO ein bedeutendes Werkzeug für Bildung, Forschung und verschiedene Industrien. Seine Anpassungsfähigkeit und Programmierbarkeit ermöglichen es, ihn in immer neuen Anwendungsbereichen einzusetzen und so die Interaktion zwischen Mensch und Maschine weiter zu erforschen und zu verbessern.

Moley Robotics

Moley Robotics ist ein britisches Unternehmen mit Sitz in London, das die weltweit erste vollautomatisierte Roboterküche entwickelt hat. Gegründet wurde es 2015 von dem russisch-britischen Mathematiker, Informatiker und Unternehmer Mark Oleynik.

Die Roboterküche im Detail

Das Herzstück der Moley-Roboterküche bilden zwei Roboterarme mit fünf Fingerhänden, die mit taktilen Sensoren ausgestattet sind. Diese ermöglichen es den Robotern, Küchenutensilien wie Mixer, Schneebesen und Kochfelder zu bedienen. Die Roboterarme wurden in Zusammenarbeit mit Universal Robots und dem deutschen Unternehmen SCHUNK entwickelt.

Die Küche verfügt über eine integrierte 3D-Kamera und spezielle Handschuhe, mit denen die Bewegungen eines menschlichen Kochs aufgezeichnet und in digitale Bewegungen umgewandelt werden können. So kann die Roboterküche eine Vielzahl von Gerichten nach den Anweisungen professioneller Köche zubereiten.

Funktionsweise und Bedienung

Die Bedienung der Moley-Roboterküche erfolgt über einen integrierten Touchscreen oder eine Smartphone-App. Nutzer können aus einer umfangreichen Rezeptbibliothek wählen, die von renommierten Köchen wie Tim Anderson, James Taylor und Andrew Clarke erstellt wurde. Die Küche kann bis zu 5.000 verschiedene Gerichte zubereiten.

Nach Auswahl eines Rezepts bereitet die Roboterküche das Gericht selbstständig zu, indem sie die erforderlichen Zutaten aus dem intelligenten Kühlschrank entnimmt, die Kochgeräte bedient und die Speisen serviert. Anschließend reinigt sie die benutzten Utensilien und Oberflächen.

Varianten und Anpassungsmöglichkeiten

Moley Robotics bietet die Küche in verschiedenen Ausführungen an:

  • R-Kitchen: Diese Version umfasst die vollständige Roboterarm-Technologie und ist für die vollautomatisierte Zubereitung von Speisen konzipiert.
  • X-Kitchen: Eine IoT-basierte Kochplattform mit intelligentem Kühlschrank und Stauraum, die für eine zukünftige Aufrüstung mit dem Roboterarm-Modul vorbereitet ist.

Beide Modelle sind modular aufgebaut und können an die individuellen Bedürfnisse und räumlichen Gegebenheiten der Nutzer angepasst werden.

Aktuelle Entwicklungen

Im Dezember 2023 eröffnete Moley Robotics den weltweit ersten Showroom für Luxus-Roboterküchen in London. Dort können Besucher die Roboterküche live in Aktion erleben und sich von den Fähigkeiten der Technologie überzeugen.

Die Moley-Roboterküche stellt einen bedeutenden Schritt in der Automatisierung des Haushalts dar und bietet einen Ausblick auf die Zukunft des Kochens, in der Effizienz, Präzision und kulinarische Vielfalt nahtlos miteinander verbunden sind.

Myoelektrische Steuerung

Die myoelektrische Steuerung ist eine fortschrittliche Technologie, die es ermöglicht, Prothesen und orthopädische Hilfsmittel durch die elektrischen Aktivitäten der verbliebenen Muskulatur zu kontrollieren. Diese Methode bietet Amputierten und Personen mit motorischen Einschränkungen die Möglichkeit, verlorene Funktionen durch intuitive Bewegungssteuerung wiederzuerlangen.

Funktionsweise der Myoelektrik

Bei der myoelektrischen Steuerung werden elektrische Spannungen genutzt, die durch biochemische Prozesse in den Muskelzellen entstehen. Diese Spannungen, die im Mikrovoltbereich liegen, können mittels empfindlicher Elektroden auf der Hautoberfläche gemessen werden. Die erfassten Signale werden verstärkt und in Steuersignale für die Motoren der Prothese umgewandelt. Dabei wird die Proportionalität zwischen Muskelkraft und dem erfassten Elektromyogramm (EMG) ausgenutzt. Je stärker die Muskelkontraktion, desto höher die elektrische Aktivität, was zu einer entsprechenden Bewegung der Prothese führt.

Anwendung in Prothesen

Myoelektrische Prothesen sind batteriebetriebene Hilfsmittel, die durch die Muskelaktivität des Stumpfes gesteuert werden. Durch das An- und Entspannen der verbliebenen Muskeln entstehen elektrische Signale, die von Elektroden erfasst und in Bewegungen der Prothese umgesetzt werden. Dies ermöglicht Funktionen wie:

  • Öffnen und Schließen der Hand: Durch gezielte Muskelkontraktionen kann der Anwender die Prothesenhand steuern, um Gegenstände zu greifen oder loszulassen.
  • Drehbewegungen des Handgelenks: Einige Prothesen erlauben die Rotation des Handgelenks, was durch spezifische Muskelaktivitäten initiiert wird.
  • Beugen und Strecken des Ellenbogens: Bei Oberarmprothesen kann die Ellenbogenbewegung durch entsprechende Muskelkontraktionen kontrolliert werden.

Die Effektivität der myoelektrischen Prothese hängt von der Fähigkeit des Anwenders ab, unterschiedliche Muskelgruppen gezielt und unabhängig voneinander anzuspannen. Zudem beeinflussen die Anzahl der verfügbaren Steuersignale und die sequentielle Ansteuerung die Funktionalität.

Vorteile der myoelektrischen Steuerung

Die myoelektrische Steuerung bietet mehrere Vorteile gegenüber traditionellen Prothesen:

  • Natürliche Bewegungsabläufe: Durch die Nutzung körpereigener Signale können Bewegungen flüssiger und intuitiver ausgeführt werden.
  • Erhöhte Funktionalität: Myoelektrische Prothesen ermöglichen komplexe Bewegungen und erhöhen die Unabhängigkeit des Anwenders.
  • Ästhetik und Komfort: Diese Prothesen sind oft leichter und bieten ein natürlicheres Erscheinungsbild.

Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen

Trotz der Fortschritte gibt es Herausforderungen bei der myoelektrischen Steuerung:

  • Signalstabilität: Die Qualität der EMG-Signale kann durch Schweiß, Hautbeschaffenheit oder Elektrodenposition beeinträchtigt werden.
  • Lernkurve: Anwender müssen oft ein intensives Training absolvieren, um die Prothese effektiv zu nutzen.
  • Kosten: Myoelektrische Prothesen sind in der Regel teurer als mechanische Alternativen.

Aktuelle Entwicklungen zielen darauf ab, die Steuerung weiter zu verbessern. Beispielsweise ermöglicht die “Myo Plus”-Steuerung eine Mustererkennung, bei der individuelle Bewegungsmuster des Anwenders erlernt und interpretiert werden. Dies führt zu einer noch natürlicheren und intuitiveren Steuerung der Prothese.

Die myoelektrische Steuerung repräsentiert einen bedeutenden Fortschritt in der Prothetik und bietet Betroffenen die Möglichkeit, verlorene Funktionen auf natürliche Weise wiederzuerlangen. Mit kontinuierlichen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten wird erwartet, dass zukünftige Prothesen noch leistungsfähiger und benutzerfreundlicher werden.

Multimodale Sensorik

Die multimodale Sensorik bezeichnet die gleichzeitige Erfassung und Integration verschiedener physikalischer Größen durch unterschiedliche Sensoren, um ein umfassendes Bild der Umgebung oder eines Objekts zu erhalten. In der Robotik spielt diese Technik eine entscheidende Rolle, da sie es Robotern ermöglicht, ihre Umgebung präzise wahrzunehmen und entsprechend zu agieren.

Grundlagen der multimodalen Sensorik

Multimodale Sensorik kombiniert verschiedene Sensortypen, um die Stärken der einzelnen Modalitäten zu nutzen und deren Schwächen zu kompensieren. Typische Sensoren umfassen:

  • Optische Sensoren: Erfassen visuelle Informationen über Kameras oder Laserscanner.
  • Taktile Sensoren: Messen Berührungen und Kräfte, die auf die Roboteroberfläche einwirken.
  • Näherungssensoren: Detektieren die Annäherung von Objekten, ohne physischen Kontakt.
  • Akustische Sensoren: Nehmen Geräusche und Vibrationen wahr.

Durch die Fusion dieser unterschiedlichen Datenquellen kann ein Roboter ein detailliertes und robustes Verständnis seiner Umgebung entwickeln.

Anwendung in der Robotik

In der Robotik ermöglicht die multimodale Sensorik eine Vielzahl von Anwendungen:

  • Mensch-Roboter-Kollaboration: Durch die Kombination von optischen und taktilen Sensoren können Roboter ihre menschlichen Partner sicher erkennen und mit ihnen interagieren.
  • Objekterkennung und -manipulation: Die Fusion von visuellen und taktilen Daten erlaubt es Robotern, Objekte präzise zu identifizieren und zu handhaben.
  • Umgebungswahrnehmung: Näherungs- und optische Sensoren arbeiten zusammen, um Hindernisse zu erkennen und Navigationspfade zu planen.

Ein Beispiel für den Einsatz multimodaler Sensorik ist die Entwicklung kapazitiver taktiler Näherungssensoren am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Diese Sensoren können sowohl Bewegungen als auch Berührungen detektieren und ergänzen somit optische Systeme, insbesondere bei ungünstigen Lichtverhältnissen oder verdeckten Objekten.

Vorteile der multimodalen Sensorik

Die Integration verschiedener Sensormodalitäten bietet mehrere Vorteile:

  • Erhöhte Robustheit: Fällt ein Sensor aus oder liefert ungenaue Daten, können andere Sensoren diese Lücke füllen.
  • Verbesserte Genauigkeit: Die Kombination von Daten unterschiedlicher Sensoren führt zu präziseren Ergebnissen.
  • Erweiterte Funktionalität: Roboter können komplexere Aufgaben bewältigen, indem sie verschiedene Sinne gleichzeitig nutzen.

Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen

Trotz der Vorteile gibt es auch Herausforderungen bei der Implementierung multimodaler Sensorik:

  • Datenfusion: Die Zusammenführung unterschiedlicher Sensordaten erfordert komplexe Algorithmen und erhebliche Rechenressourcen.
  • Kalibrierung: Jeder Sensortyp muss genau kalibriert werden, um konsistente Daten zu liefern.
  • Kosten und Komplexität: Der Einsatz mehrerer Sensoren erhöht die Systemkosten und die Komplexität der Integration.

Aktuelle Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf die Entwicklung effizienter Methoden zur Datenfusion und die Integration neuer Sensortechnologien. Beispielsweise arbeitet das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) an maßgeschneiderten Lösungen zur Multi-Sensor-Datenfusion, um konsistente und detailreiche Darstellungen komplexer Szenarien zu ermöglichen.

Zusammenfassend stellt die multimodale Sensorik einen wesentlichen Fortschritt in der Robotik dar, der es ermöglicht, die Umweltwahrnehmung und Interaktionsfähigkeit von Robotern erheblich zu verbessern.